Die Schüchternheit – Ist Alkohol die Lösung?
Persönlich nach Hilfe zu fragen, fällt den meisten Menschen heutzutage immer schwerer – Dank der fortschreitenden Technologie bekommen wir jedoch auch ohne persönlichen Kontakt Antworten auf unsere Fragen. Zum Beispiel beim Thema der Schüchternheit. Leidet man darunter, so sucht man im Internet nach Ratschlägen und findet schnell das sogenannte Heilmittel: Den Alkohol
Der Alkohol galt jedoch schon vor der Erfindung des Internets als Heilmittel – schon früher wurde er oft benutzt, um sich von Ängsten und Depressionen (Zustände, die damals noch keine wirkliche Definition hatten und als Folge des nervlichen Erschöpfungszustandes galten) zu befreien.
Schon seit der Antike wurde der Alkohol als Mitgift verwendet und als Freudenbringer angesehen – Durch ihn wurden Feste und Treffen eine wahre Freude und sogar ein Mensch mit schlechtem Humor zum wahren Komiker. Ein Mittel, welches so sehr faszinierte, dass es alle Jahrhunderte bis zu unserem durchquerte. Seine bekannte Wirkung ist einer der Hauptmotive, weswegen der Alkohol so oft zur “Selbstbehandlung” von Problemen benutzt wird. Er ist zweifellos ein schnelles Heilmittel, welches es schafft, effektiv einige pathologische Probleme, wie z.B. die Schüchternheit zu besiegen.
Seine Wirksamkeit ist jedoch nur für eine gewisse Zeit vorhanden; sobald sie nachlässt, kommen die alten Verhaltensweisen wieder zum Vorschein, wodurch Scham für das eigene, aber „fremde“ Auftreten aufkommt, da man das Gefühl bekommt, irgendetwas falsch gemacht zu haben. (“Wieso habe ich mich so verhalten?”)
Der große Vorteil des Alkohols ist ohne Zweifel, dass man ihn jederzeit und ohne Rezept erhalten kann: Es handelt sich tatsächlich um eine komplett legale Substanz, die man in fast jedem Geschäft erwerben kann.
Die größte Besorgnis sollte allerdings die Tatsache hervorrufen, dass immer mehr Jugendliche den Alkohol in Eigeninitiative als Selbstheilungsprozedur anwenden, um gegen ihre Schüchternheit anzugehen. Ihrer Meinung nach ist die Substanz ein effektives Heilmittel, welches ihnen hilft, die eigene Persönlichkeit so zu “modifizieren”, wie sie es gerne hätten. Endlich weg vom grauen Mäuschen und hin zur Discoqueen! Der Glaube, dass der Charakter einer Person nicht durch den Alkohol verändert werden kann, da die Persönlichkeit als ein stabiles und unveränderliches Konstrukt gilt, ist weit verbreitet.
Dies ist jedoch ein Trugschluss. Es stimmt zwar, dass die “wahre” Persönlichkeit nicht veränderbar ist und somit als ein beständiges Konstrukt angesehen werden kann, jedoch stimmt es ebenso, dass es möglich ist, einige Verhaltensweisen – wenn man sie als solche definieren kann – zu modifizieren. Fakt ist, dass einige Manieren durch den Alkohol zum Vorschein kommen können, die sonst im Verborgenen geblieben wären.
Kann man also die Schüchternheit durch den Alkohol loswerden?
Nehmen wir als Grundvoraussetzung an, dass die Schüchternheit kein Produkt eines psychopathologischen Zustands ist – Für das Individuum bedeutet es dennoch eine Einschränkung in vielen Lebensbereichen, welche psychologische Maßnahmen, die bisher eine große Wirksamkeit aufgewiesen haben, benötigen. Dem Betroffenen werden schon in wenigen Sitzungen Hilfestellungen geboten, durch die er, beim direkten Umsetzen, an Lebensqualität gewinnt.
Der große Vorteil von psychologischen Maßnahmen im Vergleich zum Alkohol ist, dass sie keine Schuldgefühle im Nachhinein mit sich bringen, eine zeitliche Stabilität aufweisen, Nebeneffekte wie eine potenzielle Abhängigkeit vermeiden und dem Betroffenen das Wissen vermitteln, dass er etwas effektiv gegen sein Problem tut.
Gerade das Wissen, dass man etwas tut, stärkt den Betroffenen darin, die erworbenen Techniken umzusetzen, wodurch die Stabilität der Wirksamkeit garantiert wird. Trotz dessen kann eine sofortige Veränderung, wie sie durch den Alkohol erzielt wird, (wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum) durch eine psychologische Behandlung nicht erfüllt werden, was Betroffene dazu verleiten könnte, die „gefährliche“ Substanz wieder zu konsumieren.
Man sollte sich daher stets die Vorteile und Nachteile der jeweiligen Maßnahme (Alkohol oder psychologische Sitzungen) vor Augen halten. Was erscheint sinnvoller, um gegen die eigene Schüchternheit anzugehen? Letztendlich muss das jeder für sich selbst entscheiden.