Wenn der Sex zum Problem wird.

Trotz unzähliger Bemühungen zeigt der Partner Desinteresse im Bett – Eine immer häufiger auftretende Situation, die nicht nur verwirrt, sondern auch zu weitreichenden Problemen in der Partnerschaft führen kann. Die Lustlosigkeit wird oftmals mit den Frauen in Verbindung gebracht, doch nun sind es auch immer öfters die Männer, die der Partnerin im Bett die kalte Schulter zeigen.

Ein romantisches Abendessen in vertrauter Zweisamkeit – Die Handys werden ausgeschaltet, man nimmt einige Drinks zu sich, hört ruhige Musik und verschwendet keinerlei Gedanken an die Arbeit – Eine verführerische und intime Situation, die stimulieren sollte; dennoch legt sich der Partner auf seine Seite des Bettes, dreht einem den Rücken zu und haucht bloß ein “Gute Nacht”, bevor er einschläft.

Solche Szenarien, also die “Abnahme des sexuellen Verlangens”, treten weltweit immer häufiger in den Schlafzimmern der Paare auf.

Früher war es die Frau, der die Lustlosigkeit zugeschrieben wurde – Sie hatte Kopfschmerzen, Menstruationsbeschwerden und hat somit die sexuelle Lust des Mannes gebremst, worüber dieser sich beklagte. Heute sind es jedoch immer mehr die Frauen, die sich über das Desinteresse ihres eigenen Partners beschweren. Und was sagt uns das? Die Rollenverteilung, die es mal gab, gibt es nicht mehr wodurch die Stabilität der Beziehungen immer mehr auf der Kippe steht.

Über das Thema Sex wird viel in der heutigen Gesellschaft und in den Massenmedien berichtet; auch darüber, dass eine Abnahme des Lustempfindens immer häufiger bei beiden Geschlechtern zu beobachten ist. Dieser Zustand ist keine Seltenheit mehr und wird im Klinischen als Frigidität (oder verminderte Libido) bezeichnet.

Die Ursachen für diese sexuelle Funktionsstörung sind noch unklar. Momentan gibt es keine greifbare Theorie und auch die ersten Behandlungsmethoden erwiesen sich nur in 50% der Fälle als wirksam. Viel beunruhigender als die Störung an sich ist jedoch die Tatsache, dass sich die Betroffenen ihre Störung nicht eingestehen wollen und meist aufgrund von Schamgefühlen keine Hilfe aufsuchen.

Das Resultat ist kein anderes, als dass der Betroffene ständig Schuldzuweisungen zu hören bekommt, wodurch die Probleme in der Beziehung zunehmen und keine Lösung gefunden wird.

Aber wann kann man von Frigidität (oder Libidoverlust) sprechen?

Wann wird die Abnahme des Lustempfindens zum “wirklichen Problem”?

Gibt es eine Definition für “zu wenig Sex”?

Einmal pro Woche? Einmal im Monat? Es existiert keine Definition wie oft man Sex haben oder nicht haben sollte und daher ist einiges zu beachten und zu überprüfen, bevor man das Problem als “Frigidität” bezeichnet.

Es ist Fakt, dass sich die “Masse Mensch” nicht in einem ständigen Zustand der Lust befindet, oder eben nicht den Tag über permanent sexuell verfügbar ist. Zu den Prioritäten des Lebens werden meist Dinge wie die Arbeit, der Stress, die Besorgnis, oder der Schlaf usw. gezählt – Dinge, die das Verlangen nach Sex immer mehr in die Ecke drängen.

In intimen Situationen, wie z.B. in der vorher beschriebenen Situation, bei der es die Möglichkeit gibt sich zu entspannen und einfach den gemeinsamen Moment mit dem Partner zu genießen, sollte sich die Lust nach dem Anderen deutlich schneller äußern können. Schon eine kleine Stimulation (visuell, fühlbar usw.) sollte ausreichen, um den Partner in einen Zustand der Erregung zu bringen.

Wird der Partner jedoch nicht stimuliert, obwohl rein physisch alles in Ordnung ist, so könnte man vermuten, dass er unter Frigidität leidet. Meistens realisieren Betroffene, dass etwas mit ihnen nicht stimmt, wenn alles dafür spricht, dass man mit seinem Partner schlafen wollen sollte, jedoch keine Lust darauf betsteht.

Ist es jedoch nur das Gefühl, dass der Partner zu wenig mit einem schläft, so kann man seine Verhaltensweise nicht als Frigidität, also als eine klinische Störung, bezeichnen. Das Empfinden zu viel oder zu wenig Sex zu haben ist individuell und je nach Person/Paar unterschiedlich.

Auch ein ständiges Fordern nach Sex kann zu einer Abnahme des Lustempfindens führen, da der Partner das Gefühl vermittelt bekommt, dass er den Anderen sexuell nicht befriedigen kann.

Man sollte also stets den Kontext betrachten und die inneren Variablen der Beziehung identifizieren – inklusive des früheren sexuellen Verhalten des Partners. (War die sexuelle Aktivität schon immer dürftig? War sie früher stärker ausgeprägt und ist nun verschwunden?) Man sollte den Partner also nicht unnötig beschuldigen, sondern wahrnehmen, dass er unter einem klinischen Problem leidet, welches nicht nur für einen selbst, sondern auch für ihn belastend ist und “geheilt” werden sollte.

 

Wie behandelt man effizient die “Frigidität”? 

Einige Menschen gehen davon aus, dass diese Problematik genauso wie eine Erektionsstörung behandelt werden muss; man denkt also, dass ein Medikament, wie z.B. „Phosphodiesterase-5-Hemmer“ das Problem lösen und das Lustempfinden des Anderen wieder erhöhen kann. Leider ist es nicht so einfach, da sich – das haben Studien gezeigt – das Problem  in den Köpfen der Belasteten abspielt.

Häufig sind es psychologische Probleme, die das Sexualleben einschränken – Sei es eine Abnahme des Lustempfindens oder eine Erektionsstörung. Zahlreiche Forscher sagen, dass der Hauptgrund (oder besser: Einer der Hauptfaktoren) der Lustabnahme in der Person selber liegen könnte: Schwierigkeiten, Missverständnisse, Kommunikationsprobleme und viele andere Faktoren entfachen die Streitigkeiten zwischen zwei Partnern, was dazu führt, dass man das Gefühl hat, die Kontrolle in der Beziehung zu verlieren. Im Falle der Abnahme des Verlangens, mit dem Partner intim zu werden zu wollen, sollte man also Eingreifen, damit sich das Problem minimiert und die Beziehung wieder stabilisiert werden kann.

Die wirksamste Behandlung zum Lösen des Problems ist die Psychotherapie, welche es möglich macht, die Dysfunktionen innerhalb des Paares zu identifizieren. Hier werden die Kommunikationsschwierigkeiten und die Distanz im Schlafzimmer angegangen.

Janina Schmid